Für mehr KI an Schulen

Seit 2020 spielt sich ein Großteil ihres Lebens innerhalb der eigenen vier Wände ab. Lernen, schlafen, essen, leben – dann wieder alles von vorne. Prägende Erlebnisse wie eine Klassenfahrt, Museumsbesuche, aber auch Praktikas waren für Jugendliche nur sehr eingeschränkt möglich. Rinku Shama geht deswegen mit seinen techeroes an Schulen und organisiert Projektwochen zum Thema künstliche Intelligenz. Anfang März waren die techeroes eine Woche bei einem neunten Jahrgang in Frankfurt.

In einem Zoom-Fenster poppen nacheinander Felder für 9a, die 9b und die 9c auf. Sören Eversmeier von der DB Systel begrüßt die gut 100 Schülerinnen und Schüler (SuS) der Gesamtschule IGS Nordend in Frankfurt. Es ist Mittwoch, heute sind die Unternehmensvorstellungen dran. Die zwei Tage davor haben sie sich mit den Grundlagen der Programmierung und künstlicher Intelligenz beschäftigt, ab Donnerstag geht’s zum sogenannten Ideathon, bei dem am Freitag dann die Idee zum eigenen kleinen Unternehmen vor einer echten Jury gepitcht wird. So sollen die SuS nicht nur innovative und zukunftsorientierte Berufsfelder kennenlernen, sondern sich auch mit den Grundlagen von Technologien wie KI und Robotics auseinandersetzen.

„Ich hoffe es hören keine Mathelehrer zu, aber bei uns ergeben 1+1 = 3“ erklärt er den Jugendlichen das Partnermodell der DB Systel. Die Unternehmenstochter der Deutschen Bahn mit Sitz in Frankfurt kümmert sich um die Digitalisierung der Deutschen Bahn. Sören Eversmeier sorgt mit dem SCALE.UP Programm für die erfolgreiche Zusammenarbeit mit Startups. Aus diesen Kooperationen entstünden Lösungen, die mehr sind als die Summe der beiden Partnerunternehmen. Daher auch das Ziel, im Partnermanagement aus 1 + 1 = 3 zu schaffen, erzählt Eversmeier den Jugendlichen.

AI FRM Mitglieder unterstützen die Projektwoche

Für die DB Systel als großes Digitalunternehmen in Frankfurt und Mitglied bei AI FRM e.V. sei eine Beteiligung an der Projektwoche der techeroes eine Selbstverständlichkeit, sagt Eversmeier: „Wir fördern den Nachwuchs und bieten zum Beispiel vor den Schulferien digitale Praktika für SuS an. Zusätzlich gibt es bei der Deutschen Bahn attraktive Ausbildungs- und Studienprogramme in mehr als 50 Berufen. Als einer der attraktivsten Arbeitgeber in Deutschland wollen wir passende Nachwuchskräfte für die Deutsche Bahn gewinnen“, sagt Eversmeyer.

Die techeroes sind Mitglied bei AI FRM e.V., dessen Mitglieder auch die KI-Woche tatkräftig unterstützt. So haben die Eintracht Tech, R+V Versicherungen und Frankfurt University of Applied Sciences den Jugendlichen während der Woche Impulse zu ihren speziellen Themen gegeben. Dr. Oliver Bäcker von der Eintracht Tech hat beispielsweise live aus dem Stadion erklärt, wie künstliche Intelligenz dem Fußballclub bei der Pflege des Rasens hilft. Hinzu kommen diverse Startups und andere Unternehmen, zum Teil sogar per Videoschalte aus Kanada anwesend, die den Jugendlichen Rede und Antwort standen. Die KI-Woche der techeroes wurde zudem vom Förderprogramm AUF!leben – „Zukunft ist jetzt“ von der Deutsche Kinder- und Jugendstiftung (DKJS) unterstützt.

Auf der Suche nach den Fachkräften von morgen

Große Player in RheinMain also, und sie alle wissen auch: Schon jetzt fehlen die Fachkräfte. Einer Umfrage des Statistischen Bundesamts zufolge gaben 66% aller Unternehmen an, im Jahr 2020 Schwierigkeiten bei der Besetzung von Stellen im IT-Bereich gehabt zu haben. Im Bereich der künstlichen Intelligenz sieht es nicht viel besser aus. Laut einem Bericht des Ministeriums für Wirtschaft und Energie aus dem Jahr 2019 bleiben 43% der Stellen im KI-Bereich offen.

„Künstliche Intelligenz wird sich in allen Geschäftsbereichen durchsetzen. Es gibt sogar Malerbetriebe, die ihre Kunden anhand von virtual Reality Führungen geben. Die Jugendlichen müssen sich damit so früh wie möglich auseinandersetzen“, so Sharma. Viele wüssten zwar, dass hinter Diensten wie Instagram und Netflix künstliche Intelligenzen stehen. Was das für sie persönlich bedeute, etwa in Bezug auf Target Marketing, das ihnen persönliche Empfehlungen gibt, dessen seien sich viele Jugendliche nicht bewusst. In den ersten zwei Tagen haben Sharma und sein Team, unterstützt unter anderem von Eversmeier, thematisieren deswegen Prinzipien wie Machine Learning und neuronale Netze.

Kenntnisse, die in Zukunft unbedingt gebraucht werden, findet Ariane Castrinakis. Sie unterrichtet Englisch und Mathe an der IGS und hat die Projektwoche betreut: „Wir haben eine Verantwortung, dass die Kinder und Jugendlichen auf die Zukunft und auf die Welt vorbereitet sind, in der sie bereits leben.“

Workshops zeigen Möglichkeiten auf

Sharma fällt während seiner Aktionen in den Schulen immer wieder auf, dass die Jugendlichen sehr gut mit Handys umgehen können, aber nur wenige schon selbst etwas programmiert oder Tools wie Excel genutzt haben. Deswegen auch die beiden Tage am Anfang der Projektwoche, in denen die Jugendlichen verschiedene Workshops durchlaufen, von Excel über über Robotik bis hin zum KI-Ethik Workshop. „Uns war es wichtig, den Jugendlichen eine neue Lernerfahrungen zu geben und ihnen die Arbeit der Zukunft zu zeigen“, so Sharma.

Das Highlight der ganzen Woche? Definitiv der Ideathon, findet Lilli. Angeleitet von den techeroes bei Methoden wie Brainstorming und Design Thinking hat sie mit ihrer Gruppe eine Schlaf-App ausgedacht, die Menschen hilft, ihre Tiefschlafphasen besser zu nutzen. „Das hat richtig Spaß gemacht, auch wenn’s manchmal echt knifflig war“, findet Lilli. Zwischendurch haben die Jugendlichen sogar auf ihre Pausen verzichtet, um an ihren Pitches zu arbeiten.

Digitalisierung in den Schulen: Immer noch viel zu tun

Um die Schulen besser im Hinblick auf moderne Technik auszustatten, haben Bund und Länder den sogenannten Digitalpakt in Höhe von insgesamt 6,5 Milliarden Euro auf den Weg gebracht. Drei Jahre nach dem Start wurden davon jedoch erst 1,2 Milliarden Euro abgerufen, wie das Bundesministerium für Bildung und Forschung vergangene Woche berichtete. Damit geht die Digitalisierung nur stockend voran. Einer Befragung der Telekom von 1500 Lehrkräften aus dem vergangenen Jahr zufolge geben nur 53,7% der Lehrer an, dass in ihrer Schule ausreichend Internet zur Verfügung steht.

„Klar wollen nicht alles Kids Programmierer werden. Aber das technische Grundverständnis zu besitzen und die Vor- und Nachteile der KI-Anwendungen zu kennen, ist enorm wichtig für die Zukunft unserer Kinder“, so Sharma. Es gehe daher auch darum Kinder und Jugendliche hinter die Kulissen von Technik blicken zu lassen, die sonst keine Berührungspunkte damit haben. „Darin sehen wir unseren gesellschaftlichen Auftrag als Vereinsmitglied von AI FRM e.V.“, erklärt Sharma weiter. Was die Schüler Lilli und Hiob angeht, wollen die beiden keinen Informatik-Beruf ergreifen. Lilli möchte Kinderpsychologin werden, Hiob träumt davon, später als Architekt zu arbeiten. Dennoch: Auf die Arbeit mit dem Computer und technischen Programmen sind sie jetzt auf jeden Fall besser vorbereitet.

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